Interview: BUT-Fanzine (2001)
„Wir gehen nicht davon aus, dass wir Rockstars werden….“
Schade eigentlich !!! Ein Interview mit den Trashcan Darlings …
Die TRASHCAN DARLINGS sind Sänger Strange?, Bassist Danny, Skinny, der Schlagzeuger und Frankie & Chris an den Gitarren. Zusammen geben sie eine imposante Mischung zwischen Schönheit & Exzentrik, Glamrock & Wahnsinn, Musik und Make – Up ab. Man muss sie schon live gesehen haben, um zu verstehen, was das heißt. Rockige Sounds, kreischende Gitarren, ein sich windender Mann auf dem Boden, „Electro Shock Rock“ Chöre aus den Boxen. Es sieht fast so aus, als würde er tatsächlich sterben, die Illusion beherrschen sie perfekt….ebenso wie ein Make – Up, das jede Frau daneben blass erscheinen lässt. Das ist nicht nur Musik sondern ein Style – sehenswert, aufregend. Neu ? Nein, neu nicht, aber dafür immer wieder gern gesehen, denn nicht vielen Bands gelingt die Show derartig gut.
Wir sprachen in Cottbus mit Sänger Strange? und Bassist Danny über die 3 großen M’s des wirklichen Rock’n’Roll: Make – Up, Musik und Mädchen!
Im quasi Vorgespräch zum Warmwerden erfahren wir, dass Strange? und Danny schon seit ihrer Kindheit mit Musik zu tun hatten, so bekam Danny auch die meisten Platten von seiner Mutter zugesteckt. Beide sahen KISS als erste Band live – wohl um 1984 – wenn das keine guten Voraussetzungen sind! Festgelegt auf eine „Lieblings“band haben sie sich allerdings trotzdem nicht: „Eigentlich hören wir fast alles. RAMONES, ROLLING STONES, TURBONEGRO, HANOI ROCKS, NEW YORK DOLLS, STOOGES. Aber wir hören nicht nur Punkrock. Wir mögen z.B. auch 60er Jahre Rockabilly! Und wir hören längst nicht so viel Glamrock, wie man vielleicht vermuten würde. Die Glammusik ist nur der Style unserer Band…..“ erklärt uns Strange? und Danny fügt hinzu: „Unsere Band hat eben viel von diesem New York Dolls – Style – aber die Musik die wir machen ist noch etwas anderes!“
Gerne vergleichen lassen sich die TRASHCAN DARLINGS hingegen mit den DAMNED in den 70ern Jahren, die Punkrock mit Gothic, Glam und Make – Up vereinten. Auch, wenn sie sich auf gar keinen Fall in eine Schublade stecken lassen wollen, was natürlich nur zu begrüßen ist.
Gegründet wurde die Band bereits 1995 von Chris und Strange?. Während der Jahre hat es aber immer wieder mal Veränderungen in der Bandkonstellation gegeben, bis sich wohl um 1998 die jetzige Formation gefunden hat. Danny erklärt uns, dass es natürlich nicht einfach ist, die richtigen Leute für eine Band zu finden: „Es gibt Leute, die wollen unbedingt berühmt werden und würden alles dafür tun! Das ist scheiße. So jemand passt nicht in eine Band. Man muss schon dieselben Interessen haben und das aus Leidenschaft zur Musik machen. Wir wollen gar nicht die neuen NEW YORK DOLLS oder HANOI ROCKS sein. Oder so wie TURBONEGRO, die ja noch um einiges härter sind als wir. Wir wollen einfach das machen, was wir wollen und unseren eigenen Weg gehen. Natürlich möchte jeder gerne berühmt werden, auch wir, aber wir gehen nicht davon aus, dass wir Rockstars werden. Wir wollen einfach unsere Musik herausbringen. Es war gut, dass wir unsere CDs nun über East Side Records in Deutschland herausbringen konnten – dafür sind wir sehr dankbar….“
Die Prioritäten in puncto Songwriting steckt Strange? ganz klar ab: „Ein Song mit einem schrecklichen Text wird niemals ein guter Song sein. Die Texte sind schon das wichtigste für die Musik, denke ich. Manchmal versuchen wir auch eine Message mit einem Song rüberzubringen, aber… ich will das Ganze nicht zu ernst nehmen. Viele Songs sollen auch einfach nur Spaß bringen. Ich denke das ist eine gute Mischung. „Johnny is a dragqueen“ zum Beispiel hat keine besondere Aussage…“
Wie? Nicht? Gerade der Song ließ uns auf eine schlüpfrige Geschichte hinter dem Lied hoffen…und dann soll da so gar nichts Wahres dran sein? Und dass bei diesem derartig extremen Bandstyling? „Naja gut, da müsstest du Chris fragen, er hat den Song geschrieben. Okay, ich denke schon, es wird eine Story hinter dem Song geben, hahaha. Er hört viel NEW YORK DOLLS oder WAYNE COUNTY. Als ich ihn traf, hatte er schon was zu tun mit Drag Queens und sah auch selbst so aus wie eine, bevor er seine Haare verloren hat. Das ist eine wahre Geschichte….aber ich will nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, welchen Hintergrund genau Chris sich bei dem Song gedacht hat…“ gibt Strange? zu bedenken.
Der Vorwurf, Bands wie die TRASHCAN DARLINGS würden nur gut aussehen, aber nichts rüberbringen, greift schon einmal nicht und auch in Richtung des Sounds hat die Band ganz klare Vorstellungen, als ich sie frage, was wichtiger ist – ein perfektes Make-Up oder ein guter Song ? Strange?: „Auf jeden Fall ist ein guter Song wichtiger. Was würde es denn bringen, wenn wir nur gut aussehen würden, aber Scheiße spielen würden. Wenn die Leute die Platte Zuhause hören, dann sehen sie uns nicht. Da muss der Sound stimmen.“
Danny: „Aber trotzdem ist das Make – Up sehr wichtig!“
Strange?: „Auf jeden Fall! Ich weiß nicht wie andere das sehen, aber wenn ich zu einem Konzert gehe, dann will ich auch was geboten bekommen. Wenn ich eine CD zu Hause höre und ich halte sie für die beste CD auf der ganzen Welt und ich gehe aufs Konzert und da stehen 5 Leute für 45 Minuten einfach nur regungslos da, bin ich einfach nur gelangweilt. Sie sollten schon irgendwas besonderes haben oder machen. Es ist nicht schwierig sich ein bisschen zu schminken, etwas besonders anzuziehen…“
Haben die TRASHCAN DARLINGS denn jemals ungeschminkt auf einer Bühne gestanden?
Strange?: „Ein einziges Mal. Aber unter anderem Namen. Wir nannten uns JOHNNY & THE DRAG QUEENS und es war ein Gig bei einem Rockabilly/Psychobilly Festival. Wir sind eine halbe Stunde vor dem Gig eingeladen worden, weil eine andere Band abgesprungen war. In der Kürze der Zeit wussten wir nicht, was wir tun sollen, also haben wir uns alle schnell Sonnenbrillen aufgesetzt. Aber es war grässlich. Das Make – Up ist einfach ein Teil unserer Band und ich denke, dass die Leute, die zu unseren Konzerten kommen das auch irgendwie von uns erwarten. Die wollen das sehen. Kannst du dir die RAMONES ohne ihre Lederjacken vorstellen ?“
Natürlich nicht.
Und selbst auf Groupie – Ebene kann Frau den Männern der TRASHCAN DARLINGS rein gar nichts zum Vorwurf machen. Natürlich bevorzugen die Herren weibliche Groupies und mussten über diese Antwort keine Sekunde lang nachdenken…
Als nächstes stand für die Band die VÖ der Split – Single mit SILVER, die ebenfalls aus Norwegen kommen, auf dem Terminplan. Das warf die Frage auf, ob die norwegische Musikszene eigentlich immer so gut zusammenhält?
Strange?: „Nein, eigentlich macht jeder so seine Sache. Das mit der Single hat sich so ergeben und das war gut so. SILVER sind großartig. Wir haben auch ein paar Gigs zusammen gespielt und haben dann die Split – Single gemacht mit je einem eigenen Song und einem „Tribute to HANOI ROCKS“. SILVER haben „Malibu Beach Nightmare“ gecovert und wir „Tragedy“. Das war Klasse!“
Und lässt sich die norwegische Musikszene irgendwie mit der Deutschen vergleichen? Strange?: „Manchmal denke ich die Rockszene ist überall gleich. Die Leute hören gern Musik, trinken Bier, gehen oft auf Konzerte, haben eine gute Zeit. Da gibt es nicht allzu viele Unterschiede. In Deutschland ist einfach alles größer.“
Obwohl die letzte Single der TRASHCAN DARLINGS in Norwegen ausverkauft ist, scheint es dennoch schwer sich in dem Land durchzusetzen: „In Norwegen sind die Leute in vielen Dingen sehr traditionell“ erklärt Strange? “ es gibt eine große Black Metal Szene und sehr viele Anhänger von Turbonegro, die auf diese ganze Musik stehen, aber man muss sich verdammt anstrengen, um von den Leuten als etwas neuere Band akzeptiert zu werden. Auch mit den Clubs ist es schwierig. In vielen herrscht auch das „Pay to play“ Prinzip, weil sie kein Risiko, keine Kosten übernehmen wollen. Die muss die Band dann selbst tragen…“.
Bleibt zu hoffen, dass sich dies auch irgendwann mal ändert. Unser Fazit ?
Die TRASHCAN DARLINGS sind eine bemerkenswerte Liveband, deren Auftritt man sich nicht entgehen lassen sollte. Hinter der Make – Up Fassade stecken nette, gesprächige Männer, mit denen man mehr als nur Schminktipps austauschen kann – erfolgsversprechend! Für die Zukunft steht die VÖ der neuen Platte und eine Tour mit den REVOLVERS aus Bochum an – die werden sich frei(au)lich verstehn….
Tanja
© by BUT-FANZINE (November 2001)