SLIME

Berlin – SO36 (16.12.2010)

Es hat wohl jeder seine eigene Geschichte in Sachen erste Begegnung mit „Slime“. Bei mir war es, sage und schreibe, 11 Jahre nach der Bandgründung, als ich den ersten Song bewusst hörte. 1991 und damals noch punkrockuntypisch auf einer CD: „Paranoia in der Straßenbahn – Punk in Hamburg 1977-83“ hieß der Sampler, auf dem „Slime“ mit „Iran“, „Wir wollen keine Bullenschweine“, „Ich hasse“ und dem Bonussong „Hey Punk“ vertreten waren. Danach stand außer Frage, dass die Releases der Band in meinen Plattenschrank gehören. Nach und nach kaufte ich mir die Alben in Second-Hand-Läden und auf Trödelmärkten zusammen. Und dann, für mich fast unfassbar, erschien 1992 ein neues Album „Viva La Muerte“. Und trotz der härteren Gangart wieder ein Album, das in meiner Hitliste der besten Alben ganz weit oben steht und eine Offenbarung in Sachen deutscher Punk ist. Aber egal welches Album man hört, die Musik ist zeitlos und die Texte sind aktueller denn je. Es ist bemerkenswert wie deutlich und unverblümt die Band schon zur damaligen Zeit war und welchen Repressalien sie sich auch aussetzten. Es folgte 1994 schließlich das Album „Schweineherbst“ und immer wieder Konzerte. Aber irgendwie habe ich es verpasst, mir die Band anzusehen. Nach der Trennung war meine Enttäuschung groß und das Hoffen auf eine Wiedervereinigung blieb bestehen. Als dann in diesem Jahr die Reunion mit Dirk, Elf und Christian angekündigt wurde, war meine Freude überschwänglich groß. Am 29.05.2010 hatte ich mir das erste Ticket besorgt, um beim 100-jährigen Fest des FC St. Pauli dabei zu sein und meine Helden der frühen 90er live zu erleben. Eine Operation machte diesen Traum zu Nichte und erst am 16.12.2010 sollte mein Wunsch, „Slime“ live zu erleben, in Erfüllung gehen. Die Vorfreude war riesig und gegen 22.15 standen die drei Urgesteine mit ihrer Verstärkung, Nici und Alex Schwers, auf der Bühne und begannen mit dem klassischem „Pankehallen-Beginn“ „A.C.A.B.“, „Legal Illegal Scheißegal“ und „Hey Punk“. Keine Pause, knallhart durch geknüppelt – ich sag bei solchen Gelegenheiten immer, „Die machen keine Gefangenen“. Und es ging weiter mit Klassikern wie „Schweineherbst“, „Linke Spießer“, „Störtebecker“, „Polizei SA/SS“, „Gewinnen werden immer wir“, „Alle gegen Alle“, „Mensch“, „Religion“, „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ … Ich könnte jetzt alle 29 Songs aufzählen, aber lassen wir das. Zu erwähnen sind aber unbedingt noch das Coverstück des Abends, das von Hannes Wader stammt, „Heute hier, morgen dort“ und die Zugabe. Ohne die ging es natürlich nicht ab. Mit einer Kiste „Karlsquell“ fürs Publikum kamen „Slime“ erneut auf die Bühne und brachten das ausverkaufte SO 36 zum kochen. Es folgte „Untergang“, „Deutschland“ und als krönender Abschluss „Wir wollen keine Bullenschweine“. Massenpogo, besser kann es 1979 auch nicht gewesen sein.

Als Fazit bleibt zu sagen, dass „Slime“ immer noch, oder besser wieder, ihre Berechtigung haben. Sie bringen es mit ihren Texten auf den Punkt, beziehen klar Stellung und lassen keine Themen aus. In punkto Spielfreude machen sie auch so mancher neuen, jungen Band etwas vor oder besser gesagt, ich kenne keine aktuelle deutsche Kapelle, die ein so geilen Gig abliefern kann. Ich rufe Euch allen zu, geht zu den Konzerten, feiert die Band und ermuntert sie auf dem Weg vielleicht auch ein neues Album einzuspielen. Das wäre die Krönung und ich freue mich auf jeden weiteren Gig in den nächsten Monaten.

Arnim Bohla