JUDAS PRIEST

Berlin – O2 World (09.08.2011)

Was genau hat JUDAS PRIEST mit Punk zu tun? Nix! Aber 1969, im Jahr der Gründung der Metal-Veteranen, gab es eben noch keinen Punk. Darüber hinaus war „British Steel“ ein Teil meiner Kindheit, denn es war eine der wenigen West-Platten, die mein Vater trotz Mauer besaß. Als kleiner Junge, der erst nach Veröffentlichung dieses Meilensteins geboren wurde, saugte ich die Songs in mich auf und verinnerlichte sie. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis ich JUDAS PRIEST endlich einmal live erleben musste. Auf ihrer wohl letzten großen Tour kam ich in das Vergnügen, die Altmeister in der ätzend großen O2 World zu sehen. Das Publikum bestand dem Anlass entsprechend aus alten, aber auch jungen Metalheads, die mehr oder weniger sympathisch rüberkamen. Einigen mit Schwarz-Rot-Goldenen-Aufnähern auf ihren Jacken hätte ich am liebsten mal den Kopf gewaschen, aber geschenkt. Ich wusste worauf ich mich bei diesem Konzert eingelassen hatte. Zunächst spielten SABATON als Support, aber nach wenigen Tönen verließ ich die Halle wieder, denn auf langweiligen Metal hatte ich gar keinen Bock. Nach angenehm kurzer Umbaupause fiel dann pünktlich zur Prime-Time um 20:15Uhr der Vorhang und Rob Halford mit seinen Mannen legten los. Der Sound vor der Bühne war ohrenbetäubend und der Bass wühlte mein Mageninneres ordentlich durch – so einen druckvollen Bass habe ich selten erlebt. Die Bühne war passend, aber relativ spartanisch ausgestattet, lediglich ein Schlagzeugpodest, ein paar Ketten, ordentlich Licht und Vorhänge bzw. Beamer. Der Hintergrund wechselte auch des öfteren und von verschiedenen Plattencovern, über einen Sternenhimmel bis hin zum „Electric Eye“ bekam man einiges zu sehen. Das war aber nicht das Einzige, was sich oft änderte, denn Rob verschwand fast nach jedem Song hinter einem Vorhang und wechselte sein Outfit. Auch die restlichen Musiker verschwanden ab und an. Fand ich etwas nervig, denn die Leute wollen doch die Band sehen und jedes Mal, wenn lediglich noch der Schlagzeuger auf den Brettern stand, war es ruhig, was die Stimmung etwas kaputt machte. Bühnentechnisch gesehen, waren Feuer, ein Motorrad und Laser die Highlights, wobei ersteres ruhig hätte öfter zum Einsatz kommen können. Stichflammen gehören einfach zu einer richtig guten, großen Rockshow und haben so etwas animalisches. (Ein passenderes Wort fällt mir leider nicht ein!) Songtechnisch kannte ich nicht wirklich viel, denn bis auf „British Steel“ besitze ich keine weitere PRIEST Platte, was ich nicht bedaure und auch nicht ändern werde. Denn die restlichen Songs waren durchschnittlicher Metal, der mich nicht sonderlich ansprach. Allerdings wissen JUDAS PRIEST, wie man einen Spannungsbogen während eines Konzertes aufbaut und die Leute mitreist. Auch als Nicht-Auskenner langweilte man sich nie wirklich. Gelegentliche Solos lockern alles ein wenig auf, allerdings habe ich gerade in Bezug auf Gitarren- und Schlagzeugsolos schon spritzigeres gesehen. Eric Singer beim Konzert von ALICE COOPER in der Max-Schmeling-Halle vor ein paar Jahren ist einfach nicht zu toppen. Kurz vor Ende der regulären Setlist war es dann endlich soweit und Rob kündigte den allüberragenden JUDAS PRIEST Song an: „BREAKING THE LAW“. Einer meiner absoluten All-Time-Klassiker überhaupt. Die Freude wich aber schnell der Enttäuschung, denn den kompletten Song vom Publikum singen zu lassen, fand ich etwas daneben. Nach einem weiteren Lied folgten noch zwei Zugaben und die meisten Anwesenden verließen schon die gut gefüllte Halle. Vom Schlagzeuger angefeuert kamen die fünf älteren Herren aber noch einmal auf die Bühne, spielten „Living After Midnight“ und sorgten für ein versöhnliches Ende. Bei einem Gesamtfazit würde mein Urteil wie folgt ausfallen: „Das Konzert war nett!“ Es fehlten ein wenig die Höhepunkte und etwas mehr Show hätte auch sein dürfen. Gerade im Vergleich mit Hardrock- / Metal-Kollegen wie ALICE COOPER oder KISS, dem sich JUDAS PRIEST nun mal stellen müssen, fiel die Performance etwas dürftig aus. Jeder, der JUDAS PRIEST noch nie live gesehen hat, kann, wenn er noch einmal die Gelegenheit bekommt, den Metalern ruhig eine Chance geben. Allerdings bin ich unschlüssig, ob ich ein zweites Mal hingehen würde.

Daniel Bohla